Keinfischtage auf dem Fischland – vegetarisch und klassisch

Ein Gastbeitrag von unserem Nordostkorrespondenten ivalo – Dosenfischer und Universaldilettant in einer Person. So wie es aussieht, hat er es sich in Ahrenshoop sowohl cache- als auch schlemmertechnisch richtig gut gehen lassen. Es sei ihm gegönnt. Hat er doch letztes Wochenende die magische 1000 geknackt, dafür von uns natürlich noch die herzlichsten Glückwünsche. Genug der Vorrede, jetzt geht es endlich los:

[simage=151,512,y,center]Zwei Tage an der Ostsee, Fischland/Darß. Das bringt Anfang Dezember lange Strandspaziergänge mit festgezurrtem Schal und über die Ohren gezogener Mütze mit sich. Die schale Nordsonne, schaut sie denn mal durch den Wolkenschleier, tunkt den Sanddorn, die Steilküste und die Rauchfahne des Rostocker Kohlekraftwerkes in ein Caspar David Friedrich’sches Licht. Der feine Nieselregen tut sein Übriges.
Es ist früh dunkel, da ist viel Zeit für gemütliche Cafébesuche. Und Bedarf für eine zusätzliche Spaziergehmotivation: die Liste der umliegenden Geocaches.
Das Fischland und der Darß liegen auf einer schmalen Landzunge.
Dort die Ostsee, rauer Wind, Dünen, Steilküste. Das Wellenrauschen im Ohr, Dünengrassetzlinge im Rastermuster. Am Horizont gleiten die Personenfähren von Travemünde nach Helsinki, St. Petersburg und Ventspils.
Hier der Bodden, das stille, geschützte Hinterlandgewässer, umrahmt von einem dichten Schilfgürtel, davor weite Wiesen. Am Bodden verlaufen die schmalen Wege, der Wanderer entdeckt die Romantik der reetgedeckten Künstlerhäuser, der Kreativgärten und der kunstvoll drappierten Fischereirelikte.
Ahrenshoop, Künstlerkolonie.
Der Ort ist Grenzort. Die Ortsmitte gehört zum Darß und man flaggt den pommerschen Greifen, während die Ortsteile Niehagen und Althagen auf dem Fischland liegen, im Zeichen des mecklenburgischen Stiers. Geflaggt wird nicht zu knapp, denn wer an der Grenze wohnt, muss seine Identifikation wohl besonders zur Schau stellen. Amtlich gehört beides zum Landkreis Nördliches Vorpommern (NVP), also sind die Mecklenburger zusätzlich gefordert. Da hat man aber irgendwie bei der Kreislegung nicht aufgepasst. Für Leser aus dem Südwesten: das ist so wie bei Villingen-Schwenningen, Baden und Württemberg in einem Landkreis zusammen, das geht irgendwie nicht.
Hier im Nordosten ist die Grenze zudem pikant: Pommern war preußisch und Mecklenburg war immer nur Mecklenburg.
Aber das ist alles Politik und die ist doch nur wichtig für die Politik. Ein Landkreis ist ein Landkreis ist ein Landkreis. Den ich mir allerdings gern in meiner GSAK-Statistik eingefärbt habe.
Auch gastronomisch ist der kleine Pfad, der Grenzweg heißt, durchaus von Relevanz: links zapft man Rostocker Pilsener, rechts wird Stralsunder serviert.
Gastronomisch ist der Ort obere Kategorie. Als Vegetarier im Nordosten gehe ich häufig nach dem ersten Blick auf die Außenspeisekarte weiter, weil das Angebot zu deftig oder einfallslos ist. In diesem Ort niveauvollen Speisens lief mir aber an jedem Restaurantschild das Wasser im Munde zusammen, nur die Preise schreckten mich ab. Ab einem gewissen Standard haftet dem Vegetariertum eben keine Exotik mehr an.
Es ginge auch einfach, nur die Imbisscontainer machen erst zum 1.4. wieder auf. Die vermisse ich aber nicht.
An meinen drei Abenden bin ich so stets in dem meiner Heimstätte, der Fischerwiege zugehörige Restaurant dem „Namenlos“ gelandet. Zweimal nach suchendem Ortsspaziergang, das dritte Mal direkt.
Das Angebot an Fisch und Fleisch ist sicherlich gut, interessierte mich aber wenig. Die drei vegetarischen Gerichte waren alle ausgezeichnet und keineswegs die übliche Frischkäsegefülltekartoffeltasche. Lecker. Ziegenkäseravioli mit Steinpilzen, mediterrane Gemüsepfanne mit flanschierten Cherrytomaten und Tagliatelle mit Pilzrahmsauce. Sehr gut angerichtet. Hier noch eine Sprosse, da eine Salatspalte, die Rahmsauce nicht im Rahm ertränkt, perfekt.
Es gab Gäste, die sich über das Essen beschwert haben, aber die sahen so aus, als würden die sich auch über Brötchen zum Frühstück und Sonne im Urlaub beschweren.
Das Ambiente: gediegen. Alles in grünlichem Holz gehalten. Der Kamin knisterte und strahlte Gemütlichkeit aus, was die Maritimkacheln nur hergaben. Die stolze Sammlung der örtlichen Fisch- und Schiffsmotivmaler an der Wand. Und Verständnis für Meiner-Einer: die hausgemachte Sülze wurde mit einem entschuldigenden Lächeln in eine Frischkäsegefülltetomate ausgetauscht.
Das Namenlos hat sich einen guten Namen gemacht.
[simage=148,144,y,right] Wer so richtig Fisch möchte, dem ist der Spaziergang an den Althäger Boddenhafen und die Einkehr in das Räucherhaus empfohlen. Fisch, Fisch, Fisch, sicherlich alles prima und lecker. Ich habe dennoch den mit Knoblauch und Olivenöl angemachten Schafskäse gegessen. Dazu ein Rostocker Pilsener. Ist klar, ne? Mecklenburg.

Die Einrichtung hier war rustikaler, vor allem maritimer. Dicke Eckbänke aus dunklem Holz, urgemütlich und halbe Takelagen unter der Decke. Hat aber trotzdem irgendwelche Guide de Vin Empfehlungen von 2002 bekommen. Und war nichtmal teuer. Draußen plätscherten die Boddenwellchen gegen das Hafenmäuerchen, an dem ein einsames Fischerböötchen auf den Wintereinzug wartete.

[simage=149,144,y,left] Den Kaffee habe ich in der Ahrenshooper Scheune genommen, zurück auf dem pommerschen Darß. Feinkost und Café, das Motto beschreibt das Ambiente sehr passend. Gute Kombination, hier gibt es den Teller mit frischer Antipasti, 27 verschiedene Salamis, 35 Käsesorten von mild bis schrill, Sanddornglühpunsch und lecker Torte. Nicht selbstgemacht, aber lecker. Ich hatte Pannacotta Heidelbeer. Zwei Tage zuvor hatte ich Knoblauchölbaguette mit Oliven und gehasperten Cherrytomaten, mh!
Der Milchkaffee war etwas H-milchig, aber es ist irgendwie auch die große Kunst, scheint’s mir, dass der nicht H-milchig wird. Dort, wo es orangefarbene, mit gelb-roten Kringeln abgeschmeckte Kaffeetassen gibt, erwarte ich fast schon den Länger-Haltbar-Geschmack. Woran liegt’s?
Rolf Zuchowski, der die musikalisch weihnachtliche Untermalung zum 1. Dezember lieferte, wird es wohl auch nicht wissen.

Auch ein paar Dosen standen auf dem Programm. Hier hatte der Ort einige Klassiker zu bieten, gelegt zwischen 2006 und 2008, aber alle ein paar Kilometer außerhalb.
Cachetag 1: der nördliche Wald, die Kuschelbaumserie mit Klettereinlage, 4 Dosen auf einer 17 Kilometer Wanderung, die Gazelle hatte ich daheim gelassen.
Cachetag 2: eine Dose in einer Kopfweide und 3 DNFs. Für die Gotteshausdose direkt vor meiner Haustür war ich trotz dreimaligem Besuch wohl zu blöd/ungeduldig, wobei die Schifferkirche Ahrenshoop durchaus sehenswert ist. Eine weitere Dose war gerade flutumspült und nur mit nassen Füßen erreichbar, toll im Dezember! Die nächste hätte einen Umweg von 3 Kilometern erfordert und ich hatte, ehrlich gesagt, vom Tagesmarsch vom Vortag noch genug und nicht genügend Entdeckertriebkraft in mir um noch eine aufmerksame Nachbarsmuggelfrau auszutesten.
Einige frische Dosen hätten die Tage wohl noch versüßt, doch zu Schlemmen gab es dafür reichlich.
Und das Licht!
Jederzeit gerne wieder.

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3 Kommentare

  1. Ach, wie schön! Da isser! Ich hoffe, dass ich in Südwest ein wenig Geschmack auf Nordost machen kann.
    Einen ganz herzlichen Gruß ins Ländle aus der kleinsten Hauptstadt der Republik.

  2. lieber herr ivalo,
    sind ja gute tipps, werd ich beim nächsten besuch berücksichtigen. obwohl, alles so schön geschildert, muss man fast nicht mehr hingehen.

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