Der Dorfschulmeister empfiehlt…

Die cyberberrys haben während ihres Schwerin-Urlaubs eine tolle Location entdeckt und dazu den ersten Schlemmercacher-Gastbeitrag erstellt.  Herzlichen Dank für die Unterstützung.
Wenn ihr auch so eine interessante Location kennt, dann freuen wir uns auf eure Beiträge.

[simage=17,144,y,left] Rosenow in Mecklenburg-Vorpommern. Ein Ort mit wenigen Häusern. Darunter ist ein besonderes: De olle Dörpschaul. Ein Restaurant und Museum. Man tritt ein und fühlt sich wie in einer anderen Welt. Überall sind alte Schulbücher und Haushalts- oder Gartengeräte. Teilweise nicht einzuordnen, da es so etwas heute nicht mehr gibt. Der Dorfschulmeister steht hinter dem Tresen und beäugt uns kritisch. Er trägt Kleider wie vor 100 Jahren, wie man sich die Dorfschulmeister so vorstellt. Brummig weist er uns darauf hin, dass der Tisch, zu dem wir uns staunend bewegen, schon reserviert sei. Wir nehmen brav den nächsten Tisch.

Kaum sitzen wir, kommt der Dorfschulmeister mit den Karten. Die Empfehlung des Tages ist liebevoll auf eine alte Schiefertafel geschrieben. Alles auf Platt. Und wir kommen aus dem Schwabenland. Welch ungünstige Situation für hungrige Cacher! Stefan entziffert die Schiefertafel, während ich voller Hoffnung die Speisekarte aufschlage. Pech! Auch die Speisekarte ist auf Platt. Und in Handschrift der Dorfschulmeisterin. Diese lacht von einem Bild und bittet, sich Zeit für sie zu nehmen. Ich lese so vor mich hin. Der Dorfschulmeister linst schon nervös vom Tresen rüber. Beeilung ist angesagt. Ich überblättere die Grußworte und mache mich an die Menükarte. Der Dorfschulmeister steht bei uns. Was wir denn trinken wollten. Stefan nimmt ein Störtebeker Roggen-Weizen – das Bier der Gerechten – und ich nehme einen heißen Sanddornsaft. Nachdem ich das erste Gericht entschlüsselt habe und weiterlese, bemerke ich, dass die Speisekarte eigentlich immer gleich aufgebaut ist: oben steht eine Anekdote auf Platt, darunter das Gericht – auch auf Platt – und wiederum hierunter das Gericht auf hochdeutsch! Ich bin gerettet. Stefan liest immer noch auf der Schiefertafel. Da steht der Dorfschulmeister schon wieder bei uns und wir bestellen. Stefan bestellt mit Ziegenkäse überbackene Hühnerbrustfilets mit Pilzragout und Rahmkartoffeln. Ich bestelle Lütt Erna‘s Meddach – Salat mit Kartoffelpuffern und Ziegenkäse-Apfelsoße. Als Antwort brummt der Dorfschulmeister nur und geht in die Küche. Ich frage mich, wann denn endlich mein Sanddornsaft kommt.
Nach kurzer Zeit balanciert der Dorfschulmeister einen Unterteller samt dampfender Tasse an unseren Tisch. „Wissen Sie, wir haben keine Microwelle hier. Es dauert ein wenig länger, den Saft auf dem Herd zu erhitzen“. Kann er etwas Gedanken lesen? Ich atme den Dampf ein und kann quasi schon schmecken, wie lecker der Sanddornsaft ist. Jetzt muss er nur noch ein wenig abkühlen.
Schon wieder steht der Dorfschulmeister an unserem Tisch. Dieses Mal mit Vesperbrettchen aus Holz, Stoffservietten und Buttermessern. Während wir uns noch wundern, ob wir unsere Hauptspeisen vom Brettchen essen und wo eigentlich die Gabeln sind, erklärt uns der Dorfschulmeister, dass die Blumen auf dem dritten Brettchen, das er gerade hinstellt, essbar sind. Kapuzinerkresse und eine Salatsprosse seien das. In den kleinen Tontöpfchen zwischen dem Schwarzbrot ist Schmalz und sauer eingelegte Leberwurst. Wir staunen und bedanken uns. Stefan kostet von der Leberwurst. Ein Ausdruck der Verzückung spiegelt sich auf seinem Gesicht wieder. Er beißt in die Kapuzinerkresse. Ich streiche den Schmalz auf mein Brot und genieße. So lecker schmeckt ein einfaches Brot mit Schmalz. Wer hätte das gedacht. Stefan hat beide Salatsprossen geknuspert und der Dorfschulmeister steht wieder da. Er fragt, weshalb da noch eine Blüte Kapuzinerkresse auf dem Brettchen liegt. Schnell schiebe ich sie mir in den Mund, obwohl ich Kresse gar nicht so gerne mag.

Kurz darauf kommt auch schon die Hauptspeise. Stefan läuft sichtlich schon das Wasser im Munde zusammen, während der Dorfschulmeister mir meinen Salat erklärt. Einen solchen Salat hatte ich wirklich noch nie gegessen! Der halbe Teller ist voller Salat. Der Salat ist sehr bunt gemischt – ihr werdet entschuldigen, wenn ich die vielen Pflanzen nicht mehr vollständig aufzählen kann – und besteht neben roter Beete, Kürbis und Pastinaken aus Spargelsalatblättern, Kapuzinerkresseblüten und -blättern, Pfennigkraut, Melisse und noch einigen Kräutern. Später hat der Dorfschulmeister erzählt, in seinem Garten hätten er und seine Frau 130 verschiedene Kräuter gepflanzt. So viele verschiedene Kräuter könnte ich nicht einmal aufzählen! Zum Salat gibt es neben Essig und Öl einen Pflaumenschmand, nach dem ich mir noch heute die Finger lecke. Während ich noch Staune und langsam anfange zu essen, hat Stefan sein Gericht schon fast verputzt. Die Pilze seien die besten, die er jemals gegessen hätte. Und die Rahmkartoffeln auch äußerst delikat. Der Ziegenkäse schmecke gar nicht nach Ziege und überhaupt sei alles so lecker. Dem kann ich nur beipflichten!
Unsere Bäuche sind gefüllt und wir sind ebenso glücklich wie unsere Geschmacksknospen. Es ist schön, dass man einfache Hausmannskost noch so zelebrieren darf. Beim Abräumen der Teller wird der Dorfschulmeister gesprächiger. Nachdem wir das Essen gebührend gelobt haben, erzählt er von Garten und kulinarischer Weltanschauung.

In der ollen Dörpschaul wird zu einem sehr hohen Prozentsatz BIO gekocht, natürlich alles frisch und die Köchin besinnt sich auf heimische Zutaten. Die Lieferanten sind kleine Höfe aus dem Umkreis, nur was gar nicht anders ginge kauft man nicht-bio. Im Hause gibt es noch ein kleines Museum und im Sommer könne man prima draußen sitzen. Sogar der NDR hat schon einmal im Fernsehen über das Restaurant berichtet.

Neben dem Gaumenschmaus haben wir hier auch noch etwas praktisches gelernt: wer in und um Schwerin unterwegs ist, sollte unbedingt hier Rast machen! Unsere Empfehlung lautet: zum Anregen des Appetits sucht man in der näheren Umgebung die Caches alter Verkehrsgarten, Pippi Langstrumpf oder Jim Knopf und begibt sich dann mit knurrenden Mägen zu einem wohlschmeckenden Finale in der ollen Dörpschaul.

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5 Kommentare

  1. Sehr schön geschrieben. Da müssen wir doch mal, unabhängig vom Cachen, einkehren. Danke für den Tipp und den sehr schönen Artikel.

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