Ausflug in vergangene Zeiten

Lebensgefahr! Absolutes Betretungsverbot außerhalb der markierten Wege. Das gesamte Gelände ist mit Munition und anderen Kampfmitteln belastet.

Schlemmercacher in Bedrängnis? Nö, keine Spur. Wir wandern über den ehemaligen Truppenübungsplatz in Münsingen auf der Schwäbischen Alb. Das riesige Gelände ist seit 2006 wieder der Öffentlichkeit zugänglich und ist nun Kerngebiet eines Biosphärenreservats. Zwischen ehemaligen Panzerschießbahnen und Munitionslagern wachsen wilde Orchideen und Silberdisteln. Wir sind auf dem Weg nach Gruorn. Das Dorf wurde 1939 zur Erweiterung des Truppenübungsplatzes völlig geräumt, die Bewohner wurden umgesiedelt. Die Kirche ist neben dem Schulhaus das einzig vollständig erhaltene Bauwerk. Es gibt allerdings noch eine Vielzahl von zerfallenen Gebäuden, teilweise unterkellert. Am Ortsrand stehen zwei Betonbauten in denen zu Zeiten militärische Nutzung Nahkampf geübt wurde. Wir laufen durch eine nach wildem Majoran duftende Landschaft, links und rechts Magerrasen und Wacholderheide. In geraumer Entfernung eine Schafherde; Unmengen bunter Schmetterlinge und ein riesiger Grashüpfer kreuzen unseren Weg zu einem Tradi am Rande des ehemaligen Dorfes. Wer Lust hat auf mehr kann sich auf die Spuren eines 19km langen Wandermultis machen, der durch einen großen Teil des Geländes führt. Rund um das Gebiet liegen aber auch noch ein paar einfach zu erreichende Dosen an diversen Aussichtspunkten.

Szenenwechsel etwa 10 Kilometer südwestlich. Ein Schloss auf einem Hügel, in fröhlichem sonnengelb gestrichen. Wir werden freundlich begrüßt von einem Bewohner. Ein friedliches Örtchen. Heute – von Januar bis Dezember 1940 wurden in Schloss Grafeneck unter dem Decknamen „Aktion T 4“ 10564 geistig behinderte und psychisch kranke Menschen ermordet: Männer, Frauen und Kinder. Die Leichen wurden in einem provisorischen Krematorium verbrannt. Eine Gedenkstätte erinnert an diese Zeit. 1946 übernahm die Samariterstiftung das Areal und bietet jetzt 117 Plätze in Wohngruppen für Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen. Trotz alledem oder sogar weil all dies hier geschah. Ein gut gemachter Multi führt durch das für jeden frei zugängliche Gelände, die Stages sind einfach und ohne störende Suchaktionen auffindbar. Der Final liegt etwas außerhalb.

Zeit für Kaffee. Ein Stückchen weiter südlich liegt im kleinen Weiler Dapfen eine ehemalige Raiffeisen-Lagerhalle, die zu einem Café direkt am idyllischen Flüsschen Lauter umgebaut wurde. Der Innenraum teilt sich in zwei Stockwerke, urgemütlich mit alten Holzbalken. Unten findet sich die üppig bestückte Kuchentheke mit grandiosen Kreationen wie Hagebuttenschmandtorte und Zimt-Apfel-Cranberry-Kuchen. Wir entscheiden uns für einen Sitzplatz im Obergeschoss, direkt neben dem Kaminofen und nur fünf Meter entfernt von der angeschlossenen Chocolaterie. Überhaupt, die Schokospezialitäten sind noch mal eine Klasse für sich. Herr Schulze wählt einen Schokoladenkuchen aus Nancy, aromatisch, locker, intensiv, zart schmelzend. Kein Wunder. Recherchen daheim ergaben, dass das gute Stück vorwiegend aus feinherber Schokolade, Butter, Eiern und Zucker besteht. Der lächerliche Hauch von gemahlenen Mandeln wird wohl nur aus Statik-Gründen eingebracht, sonst würde die Kalorienbombe wahrscheinlich schon auf dem Teller und nicht erst auf der Zunge zergehen.

Die Gegend bietet neben diesem kulinarischen Highlight auch noch eine ganz besondere Cache-Serie. 19 Caches sind noch erhalten und führen durch das malerische Große Lautertal. Künstler wie Caspar David Friedrich hätten hier ihre wahre Freude gehabt: Ein plätscherndes Flüsschen mäandert inmitten von Felsen, Wiesen und Burgen, bis es nach 35km in der Donau verschwindet. Märchenbuchlandschaft. Die Vorstellung von schönen Burgfräulein und tapferen Rittern drängt sich praktisch auf. Wir nehmen mal an, dass es den Herrschaften Hekop, TKKR & Border ähnlich gegangen ist, denn im August 2005 wurde von ihnen das Ritterturnier eröffnet. 8 Multis, 10 Tradis und ein Final-Mystery – an durchweg landschaftlich schön gelegenen Locations – laden ein, in die Welt der Bauernkriege und Rittergelage einzutauchen. Wir empfehlen allerdings eine Übernachtung in einem der gemütlichen Gasthöfe einzuplanen, falls man die Serie komplett erwandern möchte.

3 Kommentare

  1. Gut, den ehemaligen Truppenübungsplatz habe ich noch nicht becacht, aber es ist doch unglaublich welche Schlemmer-Highlights mir abseits schon eingesammelter Dosen da wieder entgangen sind. :mrgeen:

    Ich sollte wahrlich öfter mit euch auf Tour gehen…

    Wieder ein schöner Artikel und diesmal nicht so fern der eigenen Homezone. Das Ex-Millitärgelände ist nun ein gutes Stück auf meiner To-Do-Liste nach oben gerutscht. 😉

  2. Den Truppenübungsplatz kenne ich noch von diversen Aufhalten während meiner Bundeswehrzeit. Das Ritterturnier und den Wandermulti hab ich schon länger im Auge. Mal sehen, evtl. gibts ja noch ein paar schöne Herbsttage die einen Ausflug dort hin möglich machen.

    Vielen Dank fürs erinnern an vergangene Zeiten 🙂

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