Die betagte Straßenbahn ruckelt langsam den Berg hinunter und präsentiert dabei immer wieder neue prachtvolle Ausblicke auf den Golf von Triest. Eine der schönsten Möglichkeiten sich dieser eigenwilligen Stadt, nah an der slowenischen Grenze zu nähern. 1902 wurde die Linie Opacina-Triest in Betrieb genommen und weist neben der grandiosen Aussicht eine weitere Besonderheit auf: Sie wird im sehr steilen Mittelteil der Strecke zur Standseilbahn umfunktioniert.
Unten angekommen erkennt man recht schnell, dass Triest keine „gewöhnliche“ italienische Stadt ist. Zwar bestimmen auch hier laut hupende Motorroller das Verkehrsgeschehen, aber die Architektur erinnert teilweise eher an Wien. Kein Wunder, die Stadt gehörte bis 1919 zu Österreich, genauer gesagt zur Habsburger Monarchie und wurde erst danach italienisch. Doch das ist nur ein Teil der wechselvollen Geschichte, die sich abgespielt hat.
Absolut italienisch dagegen ist sowohl die Anzahl der Eisdielen als auch die hervorragende Qualität der Eiscreme, die an allen Ecken angeboten wird. Und wir haben so einige davon getestet, während wir uns auf Dosensuche befanden. Um es vorwegzunehmen: Es gibt keinen klaren Sieger. Während die Gelateria Zampolli durch ihre unglaubliche Sortenvielfalt wie z.B. Sachertorte beeindruckt, begeistert die Gelateria Jazzin uns vor allem durch ihre Sorbets. Wohingegen das Pistazieneis definitiv bei Grom am cremigsten ist.
Damit sich diese Kalorien gar nicht erst an den einschlägigen Stellen festsetzen, ist Bewegung angesagt. In Triest liegen vorwiegend Traditionals, eigentlich ein einfaches Unterfangen, sollte man meinen. Doch wir haben gelernt, dass Koordinaten hier relativ sind, T-Wertungen maßlos überschätzt werden und die Cachebehältnisse oftmals eher den Recyclinggedanken unterstützen. Mit anderen Worten: Es ist nicht immer leicht zu beurteilen, ob man sich anschickt einen Geocache aus einem Mauerloch zu pulen oder lediglich eine achtlos weggeworfene Verpackung. Trotz all dieser Widrigkeiten sind die Orte, an die wir geführt werden, alle einen Besuch wert. GC6G9DH liegt zum Beispiel an einem kleinen, pittoresken Platz. Die Umgebung von GC68YW2 ist ebenfalls absolut sehenswert und nach der gefühlt vierten Umrundung des Bauwerks haben wir sogar den kleinen Buchladen entdeckt, den Frau Schultze zwecks Sichtung der italienischen Kochbuchbestände auf dem Programm hatte. GC6CDVK liefert einen prächtigen Ausblick auf den Canale Grande und auf die Bucht, der sogar noch optimiert werden kann durch das komplette Ignorieren der Terrainwertung. Bei dieser Gelegenheit finden wir dann sogar den Cache. GC62V4T wiederum ist mal wieder definitiv ein Ort, den zumindest wir ohne dieses Hobby nicht aufgesucht hätten: Der Eingang zu einem weitläufigen Tunnelsystem mitten in der Stadt. Ein Teil wurde von der Gemeinde Triest im 2. Weltkrieg als Luftschutzbunker für die Zivilbevölkerung angelegt und besteht aus einem Netz von Tunneln mit einfachen Gerätschaften für kurze Aufenthalte, sowie einer Krankenstation und Sanitätsanlagen. Den anderen Teil baute die deutsche Wehrmacht als Lager und Magazin. Der als Kleine Berlin ( nein das ist kein Schreibfehler ) bezeichnete Luftschutzkeller kann nach Voranmeldung besichtigt werden, es befinden sich zwei Daueraustellungen darin. Während der Suche nach dem Cache kann man aber schon einen kleinen Blick durch das Gitter werfen. Im Innern ist alles wie früher, an den Wänden zum Beispiel sieht man noch den originalen weißen Anstrich. GC69DDY sollte nur mit Mückenschutz und Handschuhen aufgesucht werden, trotzdem ist die Location spannend. Wir stehen im alten Hafen von Triest, heute teilweise ein Lost Place mit ehemals prächtigen Lagerhäusern aus der k&k Industriearchitektur.
Wer nach so viel Dosensucherei und süßer Eiscreme Appetit auf deftige Kost bekommen hat, dem sei Buffet da Pepi ans Herz gelegt. Die Triestiner Küche ist vielseitig, die grenznahe Lage ermöglicht diverse Einflüsse aus anderen Regionen. Neben den üblichen Pizza- und Pastagerichten bekommt man daher Fisch in allen Variationen und Fleisch. Speziell die Buffets sind eine Spezialität, die ausschließlich hier zu finden ist. Was sich allerdings „Buffet“ nennt, hat nichts mit den gleichnamigen Selbstbedienungs-Buffets zu tun, die wir aus der Mensa oder vom Chinesen nebenan kennen. Sie entstanden vor über hundert Jahren in Hafennähe und sollten die vielen Arbeiter, nach ihrer anstrengenden Nachtschicht, am Vormittag stärken. Das dürfte gelungen sein, denn es gibt Fleisch in rauen Mengen: Würste, Schinken, gekochtes und gerauchtes Fleisch, ganz nach altösterreichischer Tradition. Dazu wird normalerweise Sauerkraut und Brot gereicht. So sitzen um die Mittagszeit bei 30°C Außentemperatur auch vorwiegend Einheimische bei Pepi und lassen es sich schmecken. Wir wagen es, schwächeln jedoch aufgrund der Hitze als verweichlichte Mitteleuropäer beim Sauerkraut. Der Rest schmeckt ausgezeichnet.
Neben der sehenswerten Innenstadt, mit ihren prachtvollen Palazzi, den imposanten Plätzen und der verwinkelten Altstadt, gibt es aufgrund der speziellen geographischen Lage diverse Aussichten auf Triest, zu denen uns glücklicherweise Caches führen. Einen wunderbaren Blick über die ganze Bucht bis nach Slowenien bietet der Anfangspunkt des Multis GC3VXJ3. Wir können uns kaum satt sehen, weil es immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt. Außerdem kommen wir noch ins Gespräch mit einem Schotten, der in Berlin ein Café betreibt und einem Waliser, dem es ein Bedürfnis ist, sich mit Handschlag bei uns für die Brexit-Entscheidung seines Landes zu entschuldigen. Nicht zuletzt tauschen wir noch die besten Schlemmertipps aus. So funktioniert europäische Völkerverständigung.
Der nächste Aussichtspunkt liegt in Slowenien, die kurvenreiche Anfahrt führt durch die eigenwillig schöne Karstlandschaft hoch hinauf zu einer ehemaligen Burg. Der Blick diesmal von Süd-Osten umfasst die komplette Bucht von Triest bis Piran. Die Cachelocation von GC16EG9 offenbart Blicke über den wild zerklüfteten Karst. Der Gesang der Zikaden und das Summen diverser Insekten sind die einzig wahrnehmbaren Geräusche an dieser Location, kein Mensch weit und breit. Wir empfehlen daher einen Besuch am Tag, denn abends hat das Restaurant in den alten Burgmauern geöffnet, kulinarisch sicher eine Bereicherung, mit der Ruhe dürfte es dann vorbei sein.
Wieder eine ganz andere Sicht auf Triest wirft der Virtual GCG0B6. Wir befinden uns im malerischen, kleinen Hafen von Muggia, dem einzigen italienischen Städtchen Istriens. Direkt gegenüber von Triest gelegen und damit nur einen Steinwurf entfernt, wähnt man sich allerdings eher in Venedig, der Markuslöwe schmückt viele der bunten Gebäude, die sich den kleinen Berg hinauf ziehen.
Einen bizarren Anblick bietet die Anfahrt zu GC2T5CQ. Schon von weitem zeigt sich die Wallfahrtskirche Monte Grisa, ein monumentaler Sichtbetonbau, hoch über Triest. Am Ende des 2. Weltkriegs legte der damalige Bischof das Gelübde ab, er werde eine Kirche bauen, wenn die Stadt vor der Zerstörung bewahrt werde. Der Grundstein zu diesem Koloss wurde 1959 gelegt. Innen wirkt das Gebäude weitaus luftiger und heller. Auch die riesigen Wandbespannungen in ruhigen Farben, tragen zu der angenehmen Atmosphäre bei. Die Lage ist spektakulär: Der Blick weit über den Golf von Triest, gut zu erkennen ganz in der Nähe die weißen Zinnen und Türmchen von Schloss Miramare. Zum Cache ist es lediglich ein kleiner Spaziergang über einen schmalen Pfad, eine Zornnatter kreuzt unseren Weg, macht sich aber schnell aus dem Staub. Speziell nachdem Frau Schultze daraufhin einen Trampelschritt zur Abschreckung an den Tag legt, der das Nähern einer Elefantenherde originalgetreu simuliert. Zurück bei der Kirche besuchen wir das dazugehörige Café, eigentlich mehr ein Kiosk. Allerdings – und das ist typisch für diese Gegend – ausgestattet mit 2 großen Siebträger-Espressomaschinen. Der Cappuccino ist daher tadellos, selbst an diesem entlegenen Ort.
Womit wir nun endlich beim Kaffee angekommen sind. In Triest ein ganz besonderes Kapitel. Denn nirgendwo sonst in Italien wird mehr Kaffee getrunken als hier. Das wiederum geht auf den Freihafen Triest zurück, über den seit dem 18. Jahrhundert Rohkaffee aus allen Ecken der Erde her transportiert wird. Schon damals gab es in Triest elf kleine Röstereien und noch mehr Kaffeehäuser, von denen das 1830 gegründete Tommaseo bis heute existiert. Übrigens einen Besuch wert – der Nero direkt an der Bar getrunken ist hervorragend und die stuckverzierten Innenräume wunderschön erhalten. Heute sind in Triest neben kleinen und großen Röstereien auch noch Prüflabors, sowie Kaffee-Speditionen beheimatet und im Hafenbereich finden sich dutzende Lagerhäuser und Silos für Rohkaffee. Kaffee hat in dieser Stadt seine eigene komplizierte Sprache: „Nero“ z. B. heißt ein Espresso in der kleinen Tasse, „Nero in B“ (bicchiere = Glas) ein eben solcher Espresso im Glas. Wohingegen das, was die Triestiner einen „Caffelatte“ nennen, im übrigen Italien Cappuccino genannt wird. Es ist kompliziert, aber sehr vergnüglich sich durch sämtliche Kaffeespezialitäten durchzutesten. Ein wunderbarer Ort dafür ist das Caffè San Marco – 1914 eröffnet, und für uns das schönste der Stadt. Altes dunkles Holzparkett, opulente goldene Ornamentik und viele Jugendstilelemente. Im hinteren Teil ist ein kleiner Buchladen. Ein perfekter Ort um einen „Nero“ zu genießen und dem Alltag zu entfliehen.